Tafel 4
Tafel vorlesen lassenDie Machtergreifung der "Deutschen Christen" (Katalog 8)

Dahlemer Kirche mit Kirchenfahne. Pfarrer Friedrich von Bodelschwingh (1877 – 1946)

Obwohl zum 2.7.1933 Beflaggung mit der schwarz-weiß-roten Fahne und der Hakenkreuzflahne verordnet war, wurde an der Dahlemer Kirche nur die Kirchenfahne gehisst, während sich viele andere Kirchen regelmäßig mit der Hakenkreuzfahne schmückten.

Pfarrer Friedrich von Bodelschwingh (1877 – 1946), Leiter der Betheler Anstalten, wurde am 27. Mai 1933 zum Reichsbischof gewählt und trat vier Wochen später, nach der Ernennung August Jägers zum Staatskommissar der Evangelische Kirche in Preußen, zurück.

1933

Eine Reaktion der evangelischen Landeskirche auf die Machtergreifung Hitlers war die Entscheidung, die 29 bisher selbstständigen Landeskirchen zu einer zentralistisch geführten Reichskirche zusammenzufassen. Ein Verfassungsausschuss wurde gebildet, bestehend aus dem Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenrats Berlin, Kappler, für die Unierte Kirche, dem lutherischen Landesbischof von Hannover, Marahrens, und dem reformierten Pfarrer Hermann Hesse, von denen keiner zu den Deutschen Christen gehörte.
Ungefragt nahm auch der Bevollmächtigte des "Führers" für die Evangelische Kirche, Wehrkreispfarrer Ludwig Müller, an den Beratungen teil. Dieses Gremium formulierte im Mai 1933 die Grundsätze der zukünftigen Reichskirchenverfassung:

"Unser heißgeliebtes deutsches Vaterland hat durchs Gottes Fügung eine gewaltige Erhebung erlebt. In dieser Wende der Geschichte hören wir als evangelische Christen den Ruf Gottes zur Einkehr und Umkehr, den Ruf auch zu einer einigen Deutschen Kirche."

Obwohl die neue Reichskirchenverfassung noch gar nicht verabschiedet war, drängten die Landeskirchenführer auf die Wahl eines Reichsbischofs. Wider Erwarten wurde am 27. Mai 1933 nicht der DC-Wehrkreispfarrer Ludwig Müller, sondern Friedrich von Bodelschwingh, Leiter der Betheler Anstalten, zum Reichsbischof gewählt. Die Wahl Bodelschwinghs stieß aber auf Ablehnung der Deutschen Christen und der Hitlerregierung. Beide suchten einen Anlass, ihn sobald wie möglich wieder zu entmachten. Am 24. Juni 1933 wurde ein Staatskommissar mit unbeschränkten Vollmachten für die Evangelische Kirche in Preußen eingesetzt. August Jäger, der Leiter der Kirchenabteilung im preußischen Kultusministerium.

Mit seiner ersten Verordnung löste Jäger sämtliche gewählten kirchlichen Organe auf und ernannte einen neuen Oberkirchenrat, in dem ausschließlich DC-Mitglieder saßen. Gleichzeitig ordnete er an, dass in allen Gemeinden Dankgottesdienste für die von ihm durchgeführte "Neuordnung der Kirche" stattzufinden hätten.

Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt vom 27. Juni 1933 Der ehemalige Landgerichtsrat August Jäger (1887 – 1945)

Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt vom 27. Juni 1933.

Der ehemalige Landgerichtsrat August Jäger (1887 – 1945), Mitglied er NSDAP, wurde am 24.6.1933 zum Staatskommissar für die Evangelische Kirche in Preußen ernannt.

In einigen Gemeinden herrschte Empörung über die mit staatlicher Hilfe durchgesetzte Machtergreifung der Deutschen Christen in der Kirche.
Statt des angeordneten Dankgottesdienstes wurde in verschiedenen Gemeinden ein Bußgottesdienst gefeiert. In Dahlem gestalteten die drei Pfarrer Röhricht, Müller und Niemöller diesen Gottesdienst gemeinsam. In ihren Predigten betonten sie die Pflicht der Christen zum Gehorsam gegenüber dem Staat, wiesen jedoch Eingriffe des Staates in die inneren Angelegenheiten der Kirche zurück. Sie machten dabei deutlich, dass es ihnen nicht um eine politische Kritik am neuen Staate ginge. Bei dieser Gelegenheit sprach die Gemeinde zum ersten Mal das Glaubensbekenntnis spontan mit.

Kurz nach diesen Ereignissen wurde die neue Reichskirchenverfassung fertiggestellt. Am 14. Juli 1933 billigte die Reichsregierung die neue Verfassung und beschloss das Konkordat (Kirchenvertrag) mit der katholischen Kirche, das vom Botschafter des Vatikans in Berlin, Pacelli – später Papst Pius XII. - und Vizekanzler von Papen ausgehandelt wurde. Das Konkordat sollte die "friedliche Koexistenz" von katholischer Kirche und NS-Staat gewährleisten. Damit hofften die Nazis, an der "kirchlichen Front" Ruhe zu haben. Den evangelischen Kirchenführern wurde mitgeteilt, dass am 23. Juli 1933 Kirchenwahlen stattfinden sollten. Damit blieben den Gemeinden ganze neun Tage zur Vorbereitung.

Die ersten Verordnungen kurz nach der Ernennung August Jägers zum Staatskommissar zeige, wie der NS-Staat begann, die Kirche gelichzuschalten.

Die ersten Verordnungen kurz nach der Ernennung August Jägers zum Staatskommissar zeigen, wie der NS-Staat begann, die Kirche gleichzuschalten.

Aufruf an die Geistlichen vom 26. Juni 1933

Aufruf an die Geistlichen vom 26. Juni 1933

Gestaltung des Gottesdienstes am 2. Juli 1933

Gestaltung des Gottesdienstes am 2. Juli 1933

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