Dietrich Bonhoeffer war von Anfang an Mitglied der Bekennenden Kirche und trug in ihr Verantwortung, z.B. durch die Leitung eines ihrer Predigerseminare. Zugleich war er jedoch auch einer ihrer schärfsten Kritiker und schlug einen Sonderweg ein, der ihn zur Beteiligung am politischen Widerstand und zum Tod im Konzentrationslager führte. Diese Entscheidung für den politischen Widerstand war in der Bekennenden Kirche sehr umstritten. 1906Dietrich Bonhoeffer wird als siebtes von acht Geschwistern am 4.2. in Breslau geboren. Der Vater Karl Bonhoeffer war Arzt und Professor für Psychiatrie, die Mutter Paula, geborene von Hase, examinierte Lehrerin. Sein Elternhaus hat ihn sehr geprägt und ist ihm starker Rückhalt bis zuletzt. Er schreibt: "Ich stamme aus einem sogenannten guten Haus, d.h. aus einer alten angesehenen Bürgerfamilie … Wir sind groß geworden in der Ehrfurcht vor dem Gewordenen und dem Gegebenen und damit in der Achtung vor jedem Menschen." 1912Umzug der Familie nach Berlin. Sie wohnt im Bezirk Grunewald in der Wangenheimstraße 14. Nachbarn sind die Familien von Delbrück, von Dohnanyi, Planck, von Harnack. 1923-28Studium der evangelischen Theologie in Tübingen und Berlin. Erstes theologisches Examen und Dissertation bei Seeberg unter dem Titel "Sanctorum Communio. Eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche". 1928Lehrvikariat an der evangelischen Auslandsgemeinde in Barcelona. 1929-30Assistenzzeit in Berlin und Habilitation 1930-31Studienaufenthalt in den USA am Union Theological College in New York. 1931Konferenz des "Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen" in Cambridge. Bonhoeffer wird zu einem der drei europäischen Jugendsekretäre ernannt. Von nun an reist er häufig in seiner ökumenischen Tätigkeit. Berufsbeginn in Berlin als Privatdozent für systematische Theologie und Studentenpfarrer an der Technischen Universität. |
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Wohn- und Musikzimmer der Familie Bonhoeffer in der Wangenheimstraße. |
Dietrich Bonhoeffer mit Wilhelm Rott |
1933Die anti-jüdischen Maßnahmen des NS-Staates betreffen viele Freunde und Angehörige der Familie Bonhoeffer. Bonhoeffer nimmt öffentlich Stellung dazu, z.B. in der Schrift: "Die Kirche vor der Judenfrage". Er stellt der Kirche die Verhaltensmöglichkeiten vor Augen, "nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen. Solches Handeln wäre unmittelbar politisches Handeln der Kirche." Er beteiligt sich am Aufbau des Pfarrernotbundes und referiert in ökumenischen Versammlungen über die Lage in Deutschland. Nov. 1933-35Pfarrer an zwei deutschen Gemeinden in London. Beginn der Freundschaft mit George Bell, Bischof in Chichester. Engagement für die Emigranten aus Deutschland. Er bemüht sich, die Ökumene dazu zu bringen, mit der Reichskirchenregierung zu brechen und sich auf die Seite der Bekennenden Kirche zu stellen. 1934Ökumenische Friedenskonferenz in Fanö unter Bonhoeffers Leitung. In einer Morgenandacht sagt er: "Wie wird Friede: Wer ruft zum Frieden, dass die Welt es hört, zu hören gezwungen ist?, dass alle Völker darüber froh werden müssen? … Nur das eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, dass die Welt zähneknirschend das Wort zum Frieden vernehmen muss und dass die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden Christi ausruft über die rasende Welt." 1935-40Bonhoeffer wird durch den Altpreußischen Bruderrat zum Direktor eines Predigerseminars der Bekennenden Kirche berufen. 1936 wird ihm die Lehrbefugnis als Privatdozent an der Berliner Universität entzogen. "Um in den gegenwärtigen und kommenden kirchlichen Kämpfen das Wort Gottes zur Entscheidung und zur Scheidung der Geister zu predigen, um in jeder neu erwachenden Notlage sofort zum Dienst der Verkündigung bereit zu sein, bedarf es einer Gruppe völlig freier, einsatzbereiter Pastoren. Sie müssen bereit sein, unter allen Umständen, unter Verzicht auf alle finanziellen und sonstigen Privilegien des Pfarrerstandes zur Stelle zu sein, wo der Dienst gefordert wird. Indem sie aus einer Bruderschaft herkommen und wieder in sie zurückkehren, finden sie dort die Heimat und die Gemeinschaft, die sie für ihren Dienst brauchen. Nicht klösterliche Abgeschiedenheit, sondern innerste Konzentration für den Dienst nach außen ist das Ziel." |
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Bischof Bell und Franz Hildebrandt in London. |
Dietrich Bonhoeffers Zelle in Tegel. |
1939Reisen nach England und den USA, um der drohenden Einberufung zum Militär zu entgehen. Gegen den Rat vieler Freunde kehrt er im Juli 1939 nach Deutschland zurück. In einem Brief begründet er dies so: "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich einen Fehler gemacht habe, indem ich nach Amerika kam. Ich muss die schwierige Periode unserer nationalen Geschichte mit den Christen Deutschlands durchleben. Ich werde kein Recht haben, an der Wiederherstellung christlichen Lebens nach dem Kriege in Deutschland mitzuwirken, wenn ich nicht die Prüfungen dieser Zeit mit meinem Volke teile." 1940-43Reichsredeverbot und polizeiliche Meldepflicht. Die Arbeit der Sammelvikariate kann nicht fortgeführt werden. Er lebt nun meistens wieder im Haus der Eltern. Im Rahmen seiner ökumenischen Tätigkeit kann Bonhoeffer weiterhin reisen und benütz diese Reisen für den Informationsaustausch, die Erkundung der Friedensziele alliierter Kreise und für Mitteilungen über Putschversuche. Er ist für die Wehrmacht "unabkömmlich" gestellt und arbeitet offiziell für die Organisation des "Amtes Ausland/Abwehr" unter Admiral Canaris. Er ist verbunden mit der konspirativen Gruppe um Generaloberst Ludwig Beck, Oberst Hans Oster, Hans von Dohnanyi und Admiral Canaris. Verlobung am 17.1.1943 mit Maria von Wedemeyer. Nov. 1943 bis Aug. 44Verhaftung Dietrich Bonhoeffers am 5.4.1943. 18 Monate Haft in einer Einzelzelle in Tegel. Anklage wegen Wehrkraftzersetzung. In seiner Haftzeit beschäftigt er sich mit intensiver Lektüre, eigenen literarischen Versuchen und einer umfangreichen Korrespondenz. Ein großer Teil seiner Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft wurde nach dem Krieg unter dem Titel "Widerstand und Ergebung" von Eberhard Bethge veröffentlicht. In seinen Briefen finden sich kritische Reflexionen über die Kirche und wegweisende Gedanken über ihre Zukunft. So schreibt er zum Taufakt seines Patenkindes Dietrich Bethge: "Unsere Kirche, die in diesen Jahren nur um ihre Selbsterhaltung gekämpft hat, als wäre sie ein Selbstzweck, ist unfähig, Träger des versöhnenden und erlösenden Wortes für die Menschen und für die Welt zu sein. Darum müssen die früheren Worte kraftlos werden und verstummen, und unser Christsein wird heute nur in zweierlei bestehen: im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen. Alles Denken, Reden und Organisieren in den Dingen des Christentums muss neugeboren werden aus diesem Beten und aus diesem Tun. Sommer 1944 bis 9.4.45Nach dem Scheitern des Attentats auf Hitler werden unter anderen sein Bruder Klaus Bonhoeffer und seine Schwager Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher verhaftet. Nach belastenden Aktenfunden wird Bonhoeffer in das Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamtes in der Prinz-Albrecht-Straße verlegt. Klaus Bonhoeffer und Rüdiger Schleicher werden im Februar 1945 zum Tode verurteilt. Dietrich Bonhoeffer verschwindet spurlos aus Berlin. Er wird in das Konzentrationslager Flossenbürg gebracht und dort durch ein SS-Standgericht zusammen mit Canaris, Oster, Sack und anderen zum Tode verurteilt. Im Morgengrauen des 9.4.1945 werden die Verurteilten hingerichtet. Für Bischof Bell waren die letzten Worte bestimmt, die von Dietrich Bonhoeffer überliefert sind: "Dies ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens." |
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